Übungsfall Ortsteilberäte
Sie sind MitarbeiterIn der Kommunalaufsicht des Landkreises Auenland im Land Mecklenburg-Vorpommern. Ihr Vorgesetzter gab Ihnen folgenden Brief einer Gemeindevertreterin aus der kreisangehörigen amtsfreien Stadt Grünow (8.644 Einwohner und 5821 Bürger) und bittet Sie in einer halben Stunde zu einem Gespräch, um sich von Ihnen den Sachverhalt erläutern zu lassen und Ihre rechtliche Stellungnahme zu hören.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Sie sicher wissen, wird in der Stadt Grünow seit etlichen Monaten kontrovers über die Abschaffung der drei Ortsteilvertretungen diskutiert. Gerade in den kleineren Ortseilen, die früher einmal eigenständige Dörfer waren, sind diese Interessenvertretungen besonders wichtig. In jeder Ortsteilvertretung ist unter den Mitgliedern jeweils auch ein Stadtvertreter. Nach dem Willen der Bürgermeisterin sollen diese demokratischen Gremien eingespart werden, nur um den städtischen Haushalt zu konsolidieren. Dabei sind Ortteilvertretungen sogar in der Kommunalverfassung verankert und können doch wohl nicht einfach beseitigt werden. Nach meiner Ansicht hätte über die Beschlussvorlage der Stadtverwaltung gar nicht abgestimmt werden dürfen. Das so etwas überhaupt auf die Tagesordnung kommt ist eine Frechheit. In Wirklichkeit geht es der Bürgermeisterin doch nur darum, unliebsame Kritiker, insbesondere die Stadtvertreter in den Ortsteilvertretungen mundtot zu machen. Dafür hat sie sogar extra eine Sondersitzung beantragt. Dazu war sie doch gar nicht befugt. Die Einladungen wurden den Stadtvertretern erst am 12. März per E-Mail zugestellt. Ich selbst habe erst einen Tag vor der Sitzung davon erfahren, da ich dienstlich im Ausland war. Mein Nachbar der Stadtvertreter Krüger konnte gar nicht teilnehmen, da er so kurzfristig nicht aus seinem Urlaub zurückkehren konnte. Aus Protest gegen solche Machenschaften haben ich und zwölf andere Mitglieder der Stadtvertretung vor dem umstrittenen Tagesordnungspunkt den Sitzungssaal verlassen. Somit stimmte nur eine kleine Minderheit von 4 Stadtvertretern für den Beschlussvorschlag der Bürgermeisterin. Alle übrigen stimmten dagegen. Trotzdem sollen die bewährten Ortsteilvertretungen nun durch dubiose „Ortsvorsteher“ ersetzt werden. Das ist ein SKANDAL! Ist sowas überhaupt zulässig? Bitte schreiten Sie als Rechtsaufsicht ein und unterstützen Sie die Bürgerinnen und Bürger von Grünow im Kampf für den Erhalt der Demokartie.
gez. Schulze
Anlagen:
- Auszug aus Protokoll der Stadtvertretung der Stadt Grünau vom 22. März 2021
Top 1 – Begrüßung und Feststellung der Beschlussfähigkeit
Die ordnungsgemäße Ladung und die Beschlussfähigkeit der Stadtvertretung wurde zu Beginn der Sitzung festgesetllt.
- Auszug aus der Geschäftsordnung der Stadt Grünow
Die Sitzungen der Stadtvertretung werden per E-Mail einberufen. In der Einladungs-E-Mail ist ein Link zur jeweiligen Sitzung im Ratsinformationssystem der Stadt Grünow enthalten, über den die Tagesordnung als PDF heruntergeladen und gespeichert werden kann.
Die Ladungsfrist für ordentliche Sitzungen beträgt mindestens zehn Tage und für Dringlichkeitssitzungen mindestens drei Tage.
Aufgabe:
Bitte nehmen Sie unter Bezug auf die einschlägigen Rechtsvorschriften kurz Stellung zu dem Brief der Gemeindevertreterin Schulze.